Die Tulpe
Einführung
Das von dem Architekten Jack Vicajee Bertoli, der einst mit Le Corbusier zusammenarbeitete, entworfene Gebäude trägt wegen seiner Form und seiner hell getönten Fenster den Spitznamen Tulpe. Es beherbergt die Schweizerische Stiftung für medizinische Forschung. Das ungewöhnliche Gebäude gilt als seltenes Beispiel für brutalistische (weiche) Architektur in der Schweiz.
Geschichte
Frau Anita Oser Pauling, die an derselben Internationalen Schule in Genf studiert hat wie Jack Bertoli, beauftragte den Architekten mit der Renovierung ihres Hauses am Genfer Pflugsee. Während der Verwirklichung des Projekts wurden zwischen dem Architekten, seiner Frau Nelly Roch und Frau Oser Bande der Kunst, Kultur und Architektur geknüpft. Bertolis Frau, eine Reporterin und Künstlerin, erhielt den Auftrag, mehrere Glasfensterdekorationen für Kirchen und Privathäuser zu entwerfen.
Im Laufe der Jahre wuchs die Freundschaft zwischen Anita Oser und Nelly Roch und weckte in Frau Oser den Wunsch, ein Architekturprojekt in der Stadt zu leiten. Dies sei ein „unmöglicher Traum“, wenn das Projekt nicht ein soziales Ziel verfolge, das mit den ästhetischen Werten von Kunst und Architektur verbunden sei. Dr. Gaston Zahnd, der Schwager von Bertoli, der in der medizinischen Forschung tätig ist, präsentierte die Idee eines nicht nur „architektonischen“ Projekts, sondern auch eines Projekts, das mit einer starken sozialen Zielsetzung verbunden ist: ein „medizinisches Forschungszentrum“. Damit war die Grundlage für die Gründung und den späteren Bau der Tulpe geschaffen.
Standort
Es befindet sich in der Avenue de la Roseraie 64, Genf, Schweiz, gegenüber dem Kantonsspital und sieht aus wie eine Architektur, die man eher in einer ehemaligen Sowjetrepublik als in der Schweizer Hauptstadt erwarten würde. La Tulipe hebt sich von den umliegenden Gebäuden ab. Umgeben von einer großen Baumgruppe scheint der Betonstamm mit der Umgebung verschmelzen zu wollen.
Für den Erfolg des Projekts, das der medizinischen Forschung gewidmet ist, war es notwendig, dass es, wenn schon nicht physisch mit dem nahe gelegenen Genfer Kantonsspital verbunden werden konnte, da es keinen Platz dafür gab, so doch zumindest so nahe wie möglich sein sollte.
Das einzige verfügbare Grundstück in der Nähe des Krankenhauses war sehr klein und steil abfallend, aber da es nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollte, sondern nur für Forschungslabors und Büros, beschloss man, es zu bebauen.
Konzept
Die Tulipe ist ein Stamm aus fraktalen Stahlbetonplatten, von dem dünne vertikale Äste einen Kubus aus getönten Glasfenstern einrahmen. Es ist auch ein medizinisches Forschungszentrum, das 1975-76 gebaut wurde.
Seine geometrische Konstruktion auf der Grundlage von Winkeln ist eine brillante und andersartige brutalistische Architektur, die bei den Betrachtern nicht unbemerkt bleibt. Die seltsame Verbindung von hartem, massivem Beton und farbigem Glas lässt es in seiner Umgebung etwas deplatziert erscheinen. Es ist auch befremdlich zu sehen, wie die stumpfen und direkten Elemente des Brutalismus verwendet werden, um ein von Blumen inspiriertes Gebäude zu schaffen, das gleichzeitig stoisch und zart wirkt.
Beschreibung
Dieses seltene Exemplar des Schweizer Brutalismus ist einzigartig und schön, mit großem architektonischen Reiz. Sein leichter Rahmen umschließt Fenster, die ihre Umgebung brillant widerspiegeln. Die rosafarbenen, blauen und orangefarbenen Töne der Glasscheiben spiegeln permanent einen ungleichmäßigen, zuckerwattefarbenen Himmel durch das Glas, der an die 1970er Jahre erinnert, was seinen lebendigen Charakter noch verstärkt.
La Tulipe bietet einen soliden Betonsockel, der wie ein weiser Baum vor dem dahinter aufkeimenden Wald steht. Das solitäre tulpenförmige Gebäude strahlt pure Eleganz und einen kühnen, unerschütterlichen Optimismus aus.
Der Eingang im Erdgeschoss, am Fuße des Baumstamms, ist eine schlichte, gerippte, goldfarbene Metallstruktur, die direkt in einen futuristisch anmutenden Aufzug führt.
Im Inneren sind die Büros und Labors auf fünf Stockwerke verteilt, mit einfachen modularen Trennwänden um den Erschließungskern, einem Korridor, einem Lastenaufzug, einem Fahrstuhl und einer Treppe. Auf einigen Etagen gibt es Zimmer für Studienpatienten.
Draußen, unter dem Schutz oder im Schatten dieses Betonbaums, treffen sich die Menschen, die in dem Gebäude arbeiten, um zu essen, frische Luft zu schnappen oder sich zu unterhalten.
Struktur
Im Erdgeschoss nur ein kleiner Eingang mit einigen Parkplätzen für das Personal und ein erhöhtes Gebäude mit quadratischem Grundriss auf dem kleinen Grundstück, ein 5-stöckiges Doppelhaus und ein Untergeschoss.
Die Konstruktion der fünf Stockwerke um einen zentralen Kern zwang den Ingenieur Claude Huguenin zur Lösung heikler Probleme. Sechsundfünfzig in einem Bündel angeordnete und in eine große Spannbetonplatte eingebettete Kabel ermöglichten diese kühne Auskragung an allen vier Fassaden.
Die gewählte architektonische Lösung war damals die erste ihrer Art in der Schweiz und wahrscheinlich auch in Europa, wobei die Gartenterrasse, die auch als Parkplatz dient, und die Nutzfläche auf jedem Stockwerk optimal genutzt wurden.
Die Kosten des Komplexes waren mit rund 4,9 Millionen Franken veranschlagt worden, wurden aber aufgrund höherer Material-, Bau- und Ausstattungspreise deutlich überschritten.
Materialien
Die starke Betonstruktur umschließt dünne, goldfarbene Metallrahmen, die getönte Glasscheiben in Rosa-, Blau- und Orangetönen umgeben und die Umgebung widerspiegeln.